Geschichte der Wasserlichtorgel im Park „Planten un Blomen“
Die Geschichte der Wasserlichtorgel und das Zusammenspiel von Musik und Bewegung können auch spannend in Worte gefasst werden.
Von Alexander Schöppl
Die Geschichte der Wasserlichtorgel ist selbstverständlich eng mit der Entwicklung des innerstädtischen Parks Planten un Blomen verwoben. Dennoch – hebt die Altbiergläser – liegen die Ursprünge in Düsseldorf. Denn der Vorgänger der Wasserlichtorgel, eine bis zu 90 Meter hohe beleuchtete Fontäne, die an die jetzige Mittelfontäne erinnert, stammt aus der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt. Doch beginnen wir am Anfang.
Im Herbst 1934 beginnen auf einem rund 20 Hektar großen Gelände hinter dem Dammtor-Bahnhof die Arbeiten für die Umgestaltung des ehemaligen Friedhofs, Zoos und Vergnügungsparks zum Park „Planten un Blomen“ für die Niederdeutsche Gartenschau des folgenden Jahres. Die Verantwortung des Umbaus obliegt Hans Meding, die Ausführung besorgt Karl Plomin.
Am 6. Juni 1935 eröffnet der nationalsozialistische Bürgermeister von Hamburg, Carl Vincent Krogmann, die niederdeutsche Gartenschau „Planten un Blomen“. Damals schon vorhanden: Der Parksee, allerdings noch unter dem Namen Großes Becken und in rechteckiger Form. Unter dem Becken sind Kühlrohre verbaut worden; so wird es im Winter zur Eisbahn.
In den folgenden Jahren bis Kriegsbeginn wird der Park weiter ausgebaut. Die Pläne, den Park für die NS-Organisation „Kraft durch Freude“ zu vergrößern und unter anderem durch einen Aufmarschplatz zu erweitern, werden durch den Krieg vereitelt.
Im Jahr 1938 allerdings wird der Park durch eine Leuchtfontäne erweitert, die vor allem abends die Hamburgerinnen und Hamburger begeistert. Eben diese Fontäne kam schon 1937 bei der Ausstellung „Schaffendes Volk“ in Düsseldorf zum Einsatz. Diese erste Leuchtfontäne besteht in Hamburg aus einer bis zu 90 Meter hohen Mittelfontäne, die von zwei Seitenfontänen flankiert wird. So entsteht der Eindruck eines „Wasservorhangs“ und der Anblick der unterschiedlich hoch gestaffelten Fontänen erinnert an den einer Orgel. Auch, dass schon damals die Lichteffekte via Tastenmanual gesteuert werden, trägt zu dem Begriff „Wasserlichtorgel“ bei. Im Jahr 1938 sind zur Steuerung zwölf Tasten für das Licht und fünf für die Wasserfontänen vorgesehen. Gespielt wird nachmittags zu jeder vollen Stunde. Ebenso beliebt sind die „Leuchtenden Nächte“. Lange kann sich die Hamburger Bevölkerung aber nicht an der Leuchtfontäne erfreuen, denn bei den alliierten Bombenangriffen auf Hamburg im Jahr 1943 wird auch der Park „Planten un Blomen“ weitgehend zerstört.
Nach dem Krieg hat der Wiederaufbau des Parks zunächst keine Priorität. Im Jahr 1953 hat jedoch die große Stunde von „Planten un Blomen“ und damit auch die der Wasserlichtorgel geschlagen: Nach den Jahren 1869, 1897, 1914 in Altona und der innerdeutschen Niederdeutschen Gartenschau 1935 findet wieder eine Internationale Gartenschau in Hamburg statt. Dafür eingesetzt hatte sich der Bürgermeister Max Brauer. Interessant ist, dass wie 1935 Karl Plomin den Um- und Ausbau des Parks leitet. Auch daher rührt es wohl, dass noch einige ursprüngliche Merkmale des Parks, wie zum Beispiel die Wasserkaskaden, bis heute erhalten blieben.
Max Brauer bezeichnet sie als „Kitschorgel“, die Hamburger Bürger liebevoll neckend als „Puddingschleuder“. Dennoch ist die Wasserlichtorgel mit ihren schon damals von Mai bis September allabendlich stattfindenden Konzerten neben dem Philippsturm der Besuchermagnet der IGA 1953.
Die ursprüngliche Anlage mit Mittel- und zwei Seitenfontänen wurde hier schon massiv erweitert und erinnert im Aussehen bereits an die heutige Form. Bemerkenswert ist ein Auftritt des Balletts der Hamburger Staatsoper auf einer im Parksee angebrachten Bühne, direkt vor den Fontänen der Wasserlichtorgel während der IGA 1953. Getanzt wurde hier unter anderem zu der Farandole aus der L’Arlésienne Suite Nr. 2 von Georges Bizet, einem Stück, das auch heute noch an der Wasserlichtorgel erklingt. (Video-Link, ab Minute 1:33)
Auch die folgende IGA 1963 findet wieder in Hamburg statt, wieder ist „Planten un Blomen“ nebst den Wallanlagen und dem Alten Botanischen Garten einer der Mittelpunkte. Die Wasserlichtorgel erfährt in diesem Jahr keinen nennenswerten Umbau. Highlight der Ausstellung ist nun eine Gondel-Seilbahn vom Dammtor bis zum Millerntor. Dennoch dürften die Wasserlichtspiele nichts von ihrer Popularität und Faszination eingebüßt haben.
Im Jahr 1973 folgt die nächste IGA in Hamburg. In Planten un Blomen ist die Parkbahn die große Neuerung. Doch auch die Wasserlichtorgel wird renoviert und das Grundgerüst für die heutige Form wird errichtet. So bespielen nun 99 Düsen mit je 8,2 Bar die 13 Fontänen und 4 sogenannten Tänzer. Beleuchtet wird mit 762 Halogenscheinwerfern, die über das zweimanualige Lichtklavier der Firma Siemens gesteuert werden. Der Spieltisch mit Lichtklavier und Wasserorgel ist bis heute erhalten geblieben. Anlässlich der IGA 1973 verschwindet auch das Große Becken und der Parksee wird geschaffen. Das ist vor allem daran zu erkennen, dass das Bassin nun nicht mehr rechteckig daherkommt, sondern organisch anmutende 120-Grad-Winkel als Gestaltungsmerkmal aufweist.
In den folgenden Jahren entwickelte sich die Hamburger Wasserlichtorgel immer weiter zum sommerlichen Highlight sowohl für Ortsansässige als auch für Touristinnen und Touristen. Über die Jahre wurde ein großes Repertoire an Programmen angehäuft. Die Bandbreite reicht von symphonischen Werken über Programmmusik, Ballettmusik, Tango und Filmmusik bis hin zu Jazz und Popmusik. Allabendlich zwischen Mai und Ende September und bei jedem Wetter spielen zwei Musikerinnen und Musiker aus dem insgesamt zehnköpfigen Team unter der Leitung von Hector Gonzales-Pino für bis zu 5000 Gäste die Wasserlichtorgel. Ein weiterer besonderer Moment der Wasserlichtorgel war sicher der Auftritt in dem Film „Robert Zimmermann wundert sich über die Liebe“ von Leander Haußmann aus dem Jahre 2008. In dem Trailer zum Film ist auch die Wasserlichtorgel (bei 0:57) zu sehen:
In der Spielpause 2018/2019 wurde die Wasserlichtorgel das letzte Mal renoviert und modernisiert. So wurden Rohre und Leitungen erneuert, die größte Umstellung war aber sicherlich die Umstellung der Lampen auf LED-Technik. Dabei konnte der alte Spieltisch von 1973 erhalten bleiben, allerdings wird der Tastendruck nun noch über einen Computer umgeleitet, bevor er die neuen Lampen an- und ausschaltet. So werden für die Zukunft sicherlich neue Effekte möglich sein und in das Lichtspiel Einzug erhalten.
Durch die Corona-Pandemie war Saison 2020 die erste, die seit 1953 ausfallen muss.